Strafanzeige im NSA-Skandal: "Zeichen gegen die Ohnmacht"
Strafanzeige
im NSA-Skandal: "Zeichen gegen die Ohnmacht"
Die Internationale Liga für
Menschenrechte hat am Montag zusammen mit dem CCC und DigitalCourage beim Generalbundesanwalt Strafanzeige gegen die Regierung
und Sicherheitsbehörden wegen der Überwachung erstattet.
Die Liste der Erstatter der Strafanzeige ist lang:
Wie vergangene Woche angekündigt, hat am heutigen Montag die Internationale
Liga für
Menschenrechte zusammen mit ihrem Vizepräsidenten Rolf Gössner,
dem Chaos Computer Club (CCC) und seiner Sprecherin Constanze Kurz sowie
dem
Datenschutzverein DigitalCourage und den Vorstandsmitgliedern Rena Tangens
und padeluun den Generalbundesanwalt Harald Range aufgefordert,
Ermittlungen wegen "geheimdienstlicher Massenüberwachung"
im NSA-Skandal aufzunehmen.
Verdächtige im In- und Ausland
Noch länger ist die Reihe der namentlich genannten Verdächtigen.
Die heise online vorliegende, knapp 60 Seiten lange Anzeige richtet sich
nicht nur
allgemein gegen "US-amerikanisch, britische und deutsche Geheimdienstagenten
und ihre
Vorgesetzten", sondern auch namentlich gegen die Präsidenten des
Bundesnachrichtendienstes,
des Bundesamts für Verfassungsschutz sowie des Militärischen Abschirmdienstes
(MAD).
Aufgeführt werden zudem die Leiter der Landesämter für Verfassungsschutz,
der Bundesinnenminister Thomas de Maiziére, Bundeskanzlerin Angela
Merkel,
die übrigen Mitglieder der Bundesregierung sowie die Amtsvorgänger
zu allen deutschen Beschuldigten.
Die Anwälte, die die
Strafanzeige formuliert haben, sehen in ihren Ausführungen
"Anhaltspunkte für ein strafbares Verhalten der Verdächtigen
in ausreichendem Umfang".
Sie werfen diesen insbesondere "verbotene Geheimdiensttätigkeit,
Verletzungen des persönlichen Lebens- und Geheimbereichs sowie Strafvereitelung"
im Amt vor.
"Anfangsverdacht gegeben" Einen Anfangsverdacht in den in Frage kommenden Delikten sehen die Rechtsexperten
gegeben,
sodass der Generalbundesanwalt ein Ermittlungsverfahren durchführen
müsse.
Dabei drängen sie darauf, den NSA-Whistleblower Edward Snowden als
Zeugen zu laden.
Voraussetzung dafür müsse sein, dass dem früheren Geheimdienstmitarbeiter
der
notwendige Schutz vor Auslieferung in die USA sowie vor Kidnapping durch
Spezialkommandos gewährleistet werde.
Die Initiatoren der Anzeige gehen davon aus, dass die Chefs der deutschen
Geheimdienstbehörden sich "durch die massenhafte Übermittlung
von Telekommunikationsmetadaten"
an ausländische Partnerorganisationen strafbar gemacht haben.
Sie seien auch verdächtig, andere, teils inhaltsbezogene Informationen
beliebiger Art
an diese Kreise übermittelt zu haben.
Diese Vermutung beziehe sich auch auf mitwirkende Behördenmitarbeiter
sowie Regierungsmitglieder.
Diese hätten die Transfers und Ausspähungen von Daten voraussichtlich
angeordnet.
Deutsches Strafrecht sei
anwendbar, heißt es in der Begründung weiter, da viele der
Tathandlungen etwa im sogenannten Dagger-Komplex und auf dem August-Euler-Flugplatz
in der Nähe von Darmstadt sowie an anderen hiesigen Orten stattgefunden
hätten.
Auch der "Erfolg" der Verletzungen der Privatsphäre von Millionen
von Nutzern sei in
Deutschland eingetreten.
Ins Feld geführte Rechtfertigungsgründe für die Massenausforschung
als angemessenes
Mittel im "internationalen Krieg gegen den Terror" seien "völlig
unhaltbar
".Anzeige gegen die
"Ohnmacht" Gössner, der als Menschenrechtanwalt selbst jahrelang von deutschen
Geheimdiensten
ausgespäht wurde, bezeichnete den Schritt als Versuch,
"die allenthalben spürbare Ohnmacht angesichts der Überwachungsdimension
und der
täglichen Enthüllungen zu durchbrechen".
Die "politisch und strafrechtlich Mitverantwortlichen" müssten
"endlich ausfindig und
zur Rechenschaft" gezogen werden.
Das von der Verfassung garantierte Recht des Einzelnen, unkontrolliert zu
kommunizieren,
werde schwer verletzt, sei aber eine "unverzichtbare Grundvoraussetzung
einer offenen demokratischen Gesellschaft".
Der CCC bezeichnete es als inakzeptabel,
"dass die öffentlichen Stellen bislang kaum
zur Aufklärung der geheimdienstlichen Machenschaften beigetragen
haben,
obwohl das Ausspähen vor aller Augen geschieht".
Auch padeluun von DigitalCourage nannte es unverständlich, dass sich
die Politik
bislang "wirksamen Maßnahmen verweigert".
Die Bundesanwaltschaft hatte im Dezember noch nicht entschieden, ob sie
ein Verfahren einleiten werde.
Sie hatte nach eigenen Angaben damals noch keine konkreten Anhaltspunkte,
dass die NSA oder der britische Dienst GCHQ die deutsche Telekommunikation
systematisch überwache.
Schwestervereinigungen der Menschenrechtsliga in Frankreich und Belgien
haben vergleichbare Anzeigen initiiert.
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